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Crowdfunding-Verordnung ante portas – Schwarmfinanzierungsplattformen bald stärker reguliert

Beitrag von Prof. Dr. Dimitrios Linardatos


Die Verordnung 2020/1503 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen (ECSP-VO) wurde am 20.10.2020 veröffentlicht; sie gilt in der EU seit dem 10.11.2021, allerdings mit einer großzügigen Übergangszeit für die Praxis: Zunächst sollten Schwarmfinanzierungsplattformen bis zum 10.11.2022 ihre Dienstleistungen unter den geltenden nationalen Rechtsvorschriften erbringen können. Dieser Spielraum ergab sich aufgrund der weitreichenden und vor allem neuartigen Verhaltens-, Organisations-, Berichts- und Informationspflichten der ECSP-VO, auf die sich die Plattformbetreiber erst einmal einstellen mussten. Da sich dieser Zeitrahmen als zu kurz erwies, verlängerte die Europäische Kommission mit der DelVO 2022/1988 den Übergangszeitraum bis zum 10.11.2023. Nun wird es aber bald „ernst“.


Verantwortung der Schwarmfinanzierungsplattformen

Die Regulierung durch die ECSP-VO ist geprägt von der „Gatekeeper-Rolle“ der Schwarmfi-nanzierungs-Plattformen. Der Plattformbetreiber verbindet (teils automatisiert) zwei Gruppen – den Projektträger (= Kapitalsuchender) und den Anbieter (= Kapitalgeber) – miteinander über eine Internetplattform und fungiert als Vermittlungsdienstleister sowie als Informationsintermediär. Diese herausgehobene Rolle der Plattform ist es, die den Verordnungsgeber veranlasst hat, die Regulierung in erster Linie auf den Plattformbetreiber auszurichten.

Dementsprechend dürfen gemäß Art. 3 Abs. 1 ECSP-VO plattformbasierte Schwarmfinanzierungsdienste nur von juristischen Personen erbracht werden, die in der Union niedergelassen sind und nach Erfüllung prudentieller Anforderungen gemäß Art. 12 der ECSP-VO als Schwarmfinanzierungsdienstleister zugelassen wurden. Es gilt somit ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt.

Zu den zentralen anlegerschützenden Instrumenten der ECSP-VO zählt die Pflicht des Plattformbetreibers, ein Anlagebasisinformationsblatt (ABIB) zu erstellen und dem (potenziellen) Anleger bereitgestellten (Art. 24 ECSP-VO). Dieses ABIB enthält als „kleines Prospekt“ nicht nur Informationen über das Anlageobjekt, sondern in weiten Teilen über Dienstleistung des Plattformbetreibers: Mindest- und Höchstzinssatz sowie Mindest- und Höchstlaufzeit der Kredite, Bandbreite und Verteilung der Risikokategorien, jährliche Zielrenditen, Informationen über die interne Methode hinsichtlich der Kreditrisikobewertung und der Auswahl der Schwarmfinanzierungsprojekte etc. Der Plattformbetreiber erhält damit die Rolle eines Kapitalmarktakteurs.


Ausblick

Die ECSP-VO trägt zur Professionalisierung des Schwarmfinanzierungssektors bei. Gerade in Zeiten, in denen das Marktumfeld in verschiedenen Branchen unsicher ist, ist die Gatekee-per-Rolle der Plattformbetreiber sinnvoll. Bestenfalls stärken sie das Anlegervertrauen und sie tragen dazu bei, dass gesellschaftlich wünschenswerte Projekte einen einfachen und transparenten Zugang zum benötigten Kapital erhalten. Ob die ECSP-VO tatsächlich ein ge-lungenes Regelungsumfeld geschaffen hat, wird sich nun zeigen müssen.
 

8. November 2023



Dr. Dimitrios Linardatos

ist Professor für Bürgerliches Recht, Recht der Digitalisierung und Wirtschaftsrecht an der Universität des Saarlandes.

 © Privat

 

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