Volltextsuche nutzen

B O O K SCREENER

Aktuelle Veranstaltungen

Events
  • versandkostenfrei ab € 30,–
  • 6x in Wien und Salzburg
  • 6 Mio. Bücher
Menü

Arbeitsrecht im digitalen Zeitalter

Beitrag von Florian Schrenk, BA, LL.M. 


Im glanzvollen Schein des digitalen Zeitalters entwickelt sich ein dynamisches Zusammenspiel zwischen dem bestehenden konservativen Arbeitsrecht und den Herausforderungen der Digitalisierung, Automatisierung und der Künstlichen Intelligenz, in dessen Schatten die einst starren Grenzen verschwimmen und Raum für neue Möglichkeiten und Chancen entsteht. Im Lichte der Innovation und des Fortschritts erheben sich jedoch ungeahnte rechtliche, ethische und philosophische Fragen, die uns dazu einladen – ja fast schon mit Nachdruck dazu auffordern – , die Arbeitswelt neu zu denken.

Hauch der Veränderung

Der erste Hauch der Veränderung zeigt sich etwa in der Art und Weise, wie Verträge abgeschlossen werden oder zumindest geschlossen werden könnten. Digitale Werkzeuge bieten eine Fülle von Möglichkeiten, fernab der traditionellen Wege der Vereinbarung. Im konservativen Sinne fast schon verpönt, im Lichte der digitalen Möglichkeiten reizvoll durch völlig neue Sphären der unveränderlichen Archivierung. Was vor wenigen Jahren noch undenkbar schien, kann in wenigen Jahren bereits Standard sein.

Auch die Beratung, die Gesetzgebung und Rechtsprechung im Arbeitsrecht steht vor einem Umbruch. Maschinen, die unsere Gesetze und literarischen Ergüsse durchdringen und Muster analysieren, verheißen uns eine neue Ära in der Juristerei. In den Falten der Gesetze verbergen sich jedoch die Geschichten der Menschen, ihre Ängste, Träume und Hoffnungen, sodass sich unweigerlich die Frage stellt, ob die Maschine jemals das feine Gewebe der Empathie und des Mitgefühls weben kann, das die Menschlichkeit des Rechtssystems auszeichnet.

In dieser philosophischen Reflexion müssen wir sicherstellen, dass die Künstliche Intelligenz uns nicht die Menschlichkeit raubt.

Veränderung hat begonnen

Die Arbeitswelt selbst hat bereits ihre Gesichtszüge verändert, manche mögen darin eine unheimliche Fratze erkennen. Das Homeoffice, einst ein unliebsames Kind, für manche auch der Traum von Freiheit und Flexibilität, ist zur unwiderruflichen Realität geworden. Die Grenzen zwischen Privat und Beruf sind verwischt, während wir in Jogginghose und Hemd zwischen Küche und Schreibtisch pendeln. Plattformarbeit etwa bietet neue Chancen, doch auch Unsicherheit und Ausbeutung gehen damit teilweise wohl unweigerlich einher. Inmitten dieses Wandels müssen wir die zarten Bande des Arbeitsrechts stärken und nicht nur die Würde der Arbeitnehmer schützen, sondern auch die Arbeitsplätze selbst.

Die Auswirkungen des digitalen Wandels auf die Arbeitswelt werfen auch die Frage auf wie es um den Schutz der Privatsphäre und der persönlichen Daten der Arbeitnehmer steht. In einer Zeit, in der digitale Technologien allgegenwärtig sind und Informationen in nie gekanntem Ausmaß gesammelt und analysiert werden, müssen wir sicherstellen, dass die Integrität und Vertraulichkeit der individuellen Daten gewahrt bleiben. Der Schutz der Privatsphäre und der Persönlichkeitsrechte sollten einen fundamentalen Wert darstellen, der in der Arbeitswelt des digitalen Zeitalters nicht geopfert wird.

Maschine als Arbeitgeber? 

Die Frage ist längst nicht mehr, wie weit man gehen kann, sondern gehen will. Bald müssen wir uns der Überlegung stellen, ob eine Maschine jemals Arbeitgeber sein kann. Können wir uns vorstellen, dass Roboter und Algorithmen die Verantwortung für Menschen übernehmen oder liegt darin eine Unmenschlichkeit, die wir nicht akzeptieren können? In dieser Fülle der Möglichkeiten müssen wir einen Weg finden, der das Menschliche in der Arbeit bewahrt und gleichzeitig die Potenziale der Technologie nutzt.

Doch auch eine konsequent daran anknüpfende Frage stellt sich beharrlich: Kann eine Maschine jemals Arbeitnehmer sein? In den unendlichen Weiten der Künstlichen Intelligenz sind intelligente Algorithmen dazu in der Lage, Aufgaben zu erfüllen, die einst allein den Menschen vorbehalten waren. Können sich daraus Rechte und Pflichten der Maschine ergeben, die im Wechselspiel mit jenen der Arbeitnehmer zu sehen sind? Wir müssen die Grundlagen der Arbeit wohl teilweise neu definieren und ethische Maßstäbe setzen, um das Wesen des Arbeitnehmers zu schützen und seine Würde zu wahren. Der Staat selbst steht vor einem Labyrinth (verfassungs-) rechtlicher und ethischer Fragen, etwa in welchem Maße die menschliche Arbeitskraft durch Maschinen und Künstliche Intelligenz ersetzt werden darf. Diese Entscheidungen bergen große Herausforderungen und erfordern einen feinsinnigen Balanceakt zwischen Wettbewerbsfähigkeit durch Innovationskraft und Schutz der menschlichen Werte. Ob dieser Balanceakt gelingen kann, wird auch davon abhängen, ob der Zugang der Politik zu diesem Thema auf Basis von Umfragewerten und Klientelpolitik oder im Sinne des großen Ganzen erfolgen wird. Laufende Diskussionen über eine allfällige Behörde zur Regulierung der Künstlichen Intelligenz lassen erahnen, dass hier noch ein weiter Weg zu gehen sein wird.

Neue Herausforderungen

In den tanzenden Schatten des digitalen Zeitalters offenbart sich also eine Fülle von Fragen, die uns herausfordern, unsere Werte und Überzeugungen zu hinterfragen. Wir müssen im Lichte der Innovationseuphorie einen Weg finden, der die Würde und Rechte aller Beteiligten bewahrt, denn inmitten des technologischen Aufwindes dürfen wir nicht vergessen, dass es die Menschen sind, die das Herzstück der Arbeitswelt bilden sollen. Möge dieser Weg im Einklang von Technologie und Menschlichkeit eine Zukunft formen, in der die Arbeit und das Zusammenspiel von Maschine und Mensch zu einer Quelle von Freude, Erfüllung und Harmonie wird.


12. Juni 2023



Florian Schrenk, BA, LL.M.

ist Abteilungsleiter Personalverrechnung der Umgeher Wirtschaftstreuhand GmbH, Lehrgangsleiter (extern) an der Donau-Universität Krems für den Lehrgang Arbeits- und Personalrecht und Lektor an der FHWien der WKW sowie Vortragender am WIFI Wien und an der Akademie der Steuerberater. 

 © Privat

 

Literatur zum Thema

BMD PV Profi  Personalverrechnung topaktuell und praxisnah

erscheint 4x jährlich

ISSN 2791-4631 

Fachzeitschrift für Rechts- und Praktikerfragen in Zusammenhang mit Personalverrechnung. BMD PV Profi informiert praxisnah und umfassend über alle Neuerungen im Arbeits-, Sozialversicherungs- und Steuerrecht, relevante Judikatur sowie wichtige Themen aus Kollektivverträgen. Darüber hinaus finden sich Hilfestellungen für BMD-Anwender:innen.