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Workation

Beitrag von Matea Martinovic, MA und Florian Schrenk, BA, LL.M. 


Die Fusion von Arbeit & Urlaub - wie es Kreativität & Mitarbeiter:innenbindung fördern kann

workation aus der Sicht des Personalmanagements 


Die Liste an Benefits, die Unternehmen anbieten können, ist lange. Je nach Angebot können diese Benefits Mitarbeiter:innen an das Unternehmen binden und Arbeitgeber:innen attraktiv machen. Manchmal sind sie jedoch auch nur ein vorhandenes, ungenütztes Angebot. Dabei wünschen sich rund 76% flexiblere Angebote an Benefits, die auch ihren individuellen Bedürfnissen entsprechen und nicht nach einem Gießkannenprinzip „one size fits all“ angeboten werden1.

Die Grenze zwischen dem, was als Benefit und was als Selbstverständlichkeit gesehen wird, ist heutzutage jedoch wohl fließend. Beispielhaft genannt werden können hier etwa diverse Arbeits(zeit)flexibilisierungen, Essensgutscheine, Job-Tickets, etc. Workation sticht dabei als neuer Benefit besonders heraus. Arbeiten, wo andere Urlaub machen – Home-Office wird vorausgesetzt, mobiles Arbeiten rückt seit der Pandemie immer mehr in den Vordergrund und kann als Alternative oder ergänzend zu anderen flexiblen Arbeitsmodellen wie Sabbatical oder der Viertagewoche eingesetzt werden, denn bereits 80% der „Desk-worker“ wünschen sich örtliche Flexibilität2.

Der Begriff Workation setzt sich sprachlich als auch inhaltlich aus dem Wort „Arbeit“ (engl. „work) und Urlaub (engl. „vacation“) zusammen. Zu den beliebtesten Workation Städten zählen vor allem Lissabon, Porto und Barcelona. Diese Städte werden aus unterschiedlichen Gründen gewählt, sie haben aber eines gemeinsam: Sie befinden sich alle am Meer. Diese Gemeinsamkeit ist ausschlaggebend, da uns die Organisation „Blue Health“ bereits seit 2016 aufzeigt, dass wir Menschen am Meer glücklicher, kreativer und gesünder sind.

Gleiche Orte schaffen gleich Ideen, neue Orte schaffen neue Ideen. Ein Spaziergang in den Bergen oder am Strand sorgt für neue Ideen und Zufriedenheit – im Job wie auch dem privaten Leben. Zudem setzen Unternehmen mit diesem Benefit auf die individuellen Bedürfnisse und erhöhen dadurch eine emotionale Bindung an das Unternehmen. Sie bauen Vertrauen auf und stärken die langfristige Zusammenarbeit dadurch. Der Fokus geht weg von der geleisteten Arbeitszeit hin zu Ergebnisorientierung. Workation kann zudem auch als Teambuildingmaßnahme eingesetzt werden. Der Fokus liegt dabei oft bei der gegenseitigen Inspiration, den inhaltlichen, aber auch privaten Austausch untereinander und der Stärkung des Teamzusammenhaltes.

Wie Unternehmen Workation umsetzen können und worauf sie dabei achten sollten:

1. Kommunikation & Koordination:
        
Schaffen von klaren Richtlinien hinsichtlich Zeitverschiebungen, Dauer & Aufgaben während Workation Aufenthalten. Kommunizieren der Erwartungen, Abstecken von klaren Zielen und vertrauen auf die Kompetenz der Mitarbeitenden. Transparente, einheitliche und einfache Gestaltung des Genehmigungsprozesses.

2. Berücksichtigung individueller Bedürfnisse:
Stärken des Bewusstseins über die Nutzung von Workation. Nicht jede:r Mitarbeiter:in wird dieses Benefit gleich viel in Anspruch nehmen. Manche werden das volle Ausmaß in Anspruch nehmen und andere weniger. Hier gilt: jede Variante ist gleich gut.

3. Infrastruktur
Vor allem im Ausland ist es wichtig, dass ihre Mitarbeiter:innen die sichere Nutzung der Dokumente und Daten sicherstellen können. Unternehmen sollen darüber aufklären und die notwendige und zuverlässige Technologie zur Verfügung stellen.

4. Feedback einholen & das Konzept weiterentwickeln.
Wie alle neuen Projekte, werden auch hier anfangs Hindernisse auftauchen. Es ist auch für ihre Mitarbeiter:innen ein neues Setting, welches sie für sich ausprobieren wollen. Wesentlich ist  das Einholen von ehrlichem Feedback und die Optimierung des Konzepts für die Mitarbeitenden und das Unternehmen. Die Erfahrungen und die Nutzung von Workation werden unterschiedlich sein. Unternehmen sollen sich auf flexible Lösungen einlassen und dabei stets die individuellen Bedürfnisse beachten. 

Mit Workation als Benefit können Unternehmen somit bedürfnisorientiert statt „all-for-one“ agieren, es fördert die Bindung der Mitarbeiter:innen, steigert die Kreativität, eröffnet so neue Möglichkeiten und stärkt die Employer Brand.

workation aus personalrechtlicher Sicht


Hinter dem Begriff workation verbirgt sich - wie im Artikel bereits erläutert wurde - im Wesentlichen das Konzept der Verknüpfung von Arbeit und Urlaub. Keinesfalls sollen die nachfolgenden Ausführungen verstaubt oder altmodisch klingen, die Arbeitswelt ist in einem schon lange nicht mehr dagewesenen Wandel, dem man sich - auch aus rechtlicher Sicht - nicht verschließen kann und soll, doch wie auch bei der Vier-Tage-Woche oder der Vertrauensarbeitszeit sollen das Für und Wider diskutiert werden. Im Sinne von Umsetzbarkeit und Nachhaltigkeit müssen neue Arbeitsformen in einen rechtlichen Rahmen passen bzw muss sich der rechtliche Rahmen gegebenenfalls den Anforderungen der Arbeitswelt anpassen.

Die Vermengung zwischen Arbeit und Urlaub ist aus personalrechtlicher Sicht auf verschiedenen Ebenen heikel, wie nachfolgend erläutert wird. Im Kern handelt es sich bei workation wohl schlicht um mobiles Arbeiten, denn beim gesetzlichen Homeoffice-Begriff des § 2h AVRAG wird (derzeit!) nur von Arbeitsleistung in der eigenen Wohnung (oder der Wohnung/dem Wohnhaus eines nahen Angehörigen) ausgegangen und nicht von jeder Arbeitsleistung außerhalb des ständigen Arbeitsortes. So ist etwa die Arbeitsleitung vom Park oder Kaffeehaus aus nicht als Homeoffice zu verstehen, selbst Co-Working Spaces werden in den Gesetzesmaterialien ausgenommen.

Innerhalb Österreichs lässt sich mobiles Arbeiten (und damit auch workation) relativ unkompliziert umsetzen, da rein arbeitsrechtlich von Arbeitgeber:innenseite nur auf die Einschränkung auf den gesetzlichen Homeoffice-Begriff verzichtet werden muss. Freilich sind datenschutz- und sozialversicherungsrechtliche Aspekte auch hier von Bedeutung.

Im Falle des “grenzüberschreitenden Homeoffice”, also Arbeitsleistung vom Ausland aus, gilt es jedoch arbeits-, sozialversicherungs- und lohnsteuerrechtlich zu prüfen, ob man (teilweise) in die Jurisdiktion bzw rechtliche Zuständigkeit eines anderen Landes fällt, dies hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ungeachtet des Umstandes, dass “Homeoffice” im Ausland wohl kaum einer Kontrolle durch den jeweiligen Staat unterliegt, ist es wohl dennoch erforderlich, die grundsätzlichen Rechtsfragen zu bedenken.

Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist von Unternehmensseite zu bedenken, dass die - soweit man vernimmt - teilweise sehr großzügig angedachten Möglichkeiten in einer entsprechend klaren Vereinbarung festgehalten werden sollten. Damit zusammenhängende Überlegungen können etwa die Festlegung eines erlaubten zeitlichen Ausmaßes an workation betreffen, die Einschränkung auf gewisse Zeitzonen oder die verpflichtende Einhaltung von datenschutzrechtlichen Vorgaben, etwa das Verbot öffentliches WLAN zu nutzen.

Was workation meines Erachtens keinesfalls sein darf, ist die Arbeitsleistung während des (Erholungs)urlaubes oder die Vermengung von beidem. Zum Krankenstand hat der OGH bereits vor geraumer Zeit entschieden, dass keine allgemeine Pflicht zur Erreichbarkeit im Krankenstand besteht (OGH 9 ObA 115/13x), was für den Urlaub wohl in ähnlicher Form gelten muss, zumal der Gesetzgeber diesfalls den Erholungszweck in den Vordergrund stellt, die Bedeutung des Erholungsurlaubes allgemein ist meines Erachtens auch in der Rechtsprechung des EuGH zum Urlaubsrecht erkennbar.

Nicht zulässig wird es daher wohl sein, dass man im Urlaub auf Abruf zur Arbeitsleistung bereit ist oder sich Urlaub und Arbeit zeitlich vermengen. Im Zweifel wird man diesfalls wohl Arbeitsleistung zu erkennen haben, während der Urlaubsanspruch weiterhin bestehen bleibt.

Zusammengefasst steht der Arbeit vom Strand in Spanien oder dem Pier in England aus nichts im Wege, wenn es dazu eine klare Vereinbarung mit den Mitarbeitenden gibt und gegebenenfalls personalrechtliche Aspekte im grenzüberschreitenden Kontext bedacht werden.

Ein ausführlicher Artikel zum Arbeits-, Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrecht erscheint im BMD PV Profi Ausgabe 3/2023.


1 Resetting normal 2021 (adeccogroup.com)

2 Future Forum Pulse Report Fall 2022

30. August 2023


Matea Martinovic, MA

ist Senior Consultant, Trainerin & Mentorin für Führungskräfte- und Persönlichkeitsentwicklung. Matea leitete HR-Abteilungen, baut Personalentwicklungsprogramme auf und lehrt nebenberuflich an der Donau-Universität Krems. Ganz nach dem Motto "Wer sich selbst nicht führen kann, kann andere nicht führen" lebt sie ihre Berufung und unterstützt junge Führungskräfte dabei, ihre wahre Führungspersönlichkeit zu leben. 


Florian Schrenk, BA, LL.M.

ist Lehrgangsleiter an der Donau-Universität Krems im Lehrgang Arbeits- und Personalrecht, Vortragender an der Akademie der Steuerberater:innen, Lektor an der FHWien der WKW und leitet die Redaktion des Magazins BMD PV Profi. Co-Herausgeber der KV-Datenbank KomKo.


Foto: BDO

 

Foto: Yaroshenko 

 

Literatur zum Thema

BMD PV Profi  Personalverrechnung topaktuell und praxisnah

erscheint 4x jährlich

ISSN 2791-4631 

Fachzeitschrift für Rechts- und Praktikerfragen in Zusammenhang mit Personalverrechnung. BMD PV Profi informiert praxisnah und umfassend über alle Neuerungen im Arbeits-, Sozialversicherungs- und Steuerrecht, relevante Judikatur sowie wichtige Themen aus Kollektivverträgen. Darüber hinaus finden sich Hilfestellungen für BMD-Anwender:innen.

 
Basiswissen Arbeits- und Sozialrecht

Beispiele, Web- und Praxistipps Grafiken und Tabellen Prüfungsfälle und -fragen mit Lösungen Arbeitsvertragsmuster Berechnungsbeispiele

Basiswissen Arbeits- und Sozialrecht

Veröffentlicht 2023
von Remo Sacherer bei Facultas
ISBN: 978-3-7089-2278-2

Aktuell - Informativ - Praktisch Aktuell: Jährlich neu und immer up to date! Mit den neuen Kündigungsbestimmungen für Arbeiter:innen, den Neuerungen beim Lohn- und Sozialdumping, den Regelungen zum Homeoffice sowie den aktuellen Sozialversicherungswerten 2022. Informativ: Alles, was Studierende ...

Sozialrecht in Grundzügen Sozialrecht in Grundzügen

Veröffentlicht 2021
von Wolfgang Brodil, Michaela Windisch-Graetz bei facultas
ISBN: 978-3-7089-2005-4

Die 9. Auflage des bewährten Lehrbuches bietet eine übersichtliche und systematische Darstellung des österreichischen Sozialrechts. Das Buch enthält sowohl die neuesten gesetzlichen Änderungen als auch die aktuelle Judikatur bis Ende 2020. Eine Fallsammlung trägt zum tieferen Verständnis des ...