Neuerungen im Arbeitsrecht

Foto: © Cornelia Kucera

In jüngster Zeit kam es – nicht zuletzt aufgrund der Umsetzung der „Work-Life-Balance-Richtlinie“ der EU – zu zahlreichen Änderungen im österreichischen Arbeitsrecht. Weitere Novellen aufgrund europarechtlicher Vorgaben sind bereits in der „Pipeline“. 

Eine der wichtigsten Änderungen stellt die Kürzung der Elternkarenz dar, wenn nur einer der beiden Elternteile Karenz in Anspruch nimmt. Für Geburten ab 1.11.2023 kann die Karenz in diesem Fall maximal bis zum Ende des 22. Lebensmonats des Kindes dauern. Bis zum Ablauf des 24. Lebensmonats besteht der Anspruch auf Elternkarenz nur mehr dann, wenn beide Elternteile Karenz in Anspruch nehmen. Jeder Elternteil muss sein Dienstverhältnis hierfür mindestens für zwei Monate karenzieren. Neu ist ein Diskriminierungsschutz für Eltern in Karenz.

Erweitert wurden die Möglichkeiten für Elternteilzeit. Elternteilzeit kann seit 1.11.2023 grundsätzlich bis zum Ablauf des achten Lebensjahres des Kindes in Anspruch genommen werden. Die Voraussetzungen dafür sind zum Teil kompliziert, was in der Praxis in vielen Fällen dazu führen wird, dass Elternteilzeit faktisch (wie bisher) nur bis zum siebenten Geburtstag möglich ist. Der besondere Kündigungs- und Entlassungsschutz bei Elternteilzeit wurde nicht verlängert und dauert daher weiterhin nur bis vier Wochen nach Ablauf des vierten Lebensjahres des Kindes. Nach diesem Zeitpunkt besteht aber ein Motivkündigungsschutz, der nunmehr um einen umfassenden Diskriminierungsschutz erweitert wurde.

Bei der Pflegefreistellung kam es mit 1.11.2023 zu einer deutlichen Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises. Eine Pflegefreistellung kann nun auch für erkrankte nahe Angehörige, die mit der oder dem Arbeitnehmer:in nicht im gemeinsamen Haushalt wohnen, in Anspruch genommen werden. Weiters besteht der Anspruch auch für Personen, mit denen die oder der Arbeitnehmer:in zwar im gemeinsamen Haushalt wohnt, die aber keine nahen Angehörigen sind. Im Zusammenhang mit der Pflegefreistellung wurde weiters ein eigener Motivkündigungsschutz sowie ein Diskriminierungsschutz geschaffen. Kündigungen in diesem Zusammenhang sind auf Verlangen der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers nunmehr auch schriftlich zu begründen.

Mit 1.11.2023 wurde außerdem ein Anspruch auf Freistellung zur Begleitung von Kindern bei einem stationären Rehabilitationsaufenthalt eingeführt. Arbeitnehmer:innen, die eine solche Freistellung in Anspruch nehmen, genießen ebenfalls einen besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutz.

Erweitert wurde ab 1.1.2024 die Informationspflicht der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers an Teilzeitkräfte über freiwerdende bzw geänderte oder neue Stellen mit einem höheren Stundenausmaß. Bei Missachtung besteht ein pauschalierter Schadenersatzanspruch der Teilzeitkraft gegenüber der oder dem Arbeitgeber:in in Höhe von EUR 100,–. Überdies droht bei Nichtbeachtung eine Strafe.

Die Neuerungen sind noch gar nicht richtig „verdaut“, steht im Arbeitsrecht schon die nächste Novelle in den Startlöchern. Mit der bevorstehenden Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen sind unter anderem Änderungen der Bestimmungen über den Dienstzettel, im Bereich der Ausbildungskosten sowie bei Nebenbeschäftigungen geplant. Es bleibt somit weiterhin spannend im Arbeitsrecht.

Mit dem jährlich erscheinenden Basiswissen Arbeits- und Sozialrecht sind Studierende an Universitäten und Fachhochschulen sowie Praktiker:innen bei ihrer täglichen HR-Arbeit immer up to date im Arbeitsrecht.

Dr. Remo Sacherer, LL.M.

ist Rechtsanwalt und Gründungspartner der Arbeitsrechtsboutique MOSA Rechtsanwälte in Wien (www.mo-sa.at), Universitätslektor an der WU Wien, Vortragender und Trainer für Arbeitsrecht sowie Autor zahlreicher Fachpublikationen.

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