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Neuerungen bei Elternkarenz und Elternteilzeit

Beitrag von Mag.a Judith Morgenstern und Mag. Dr. Remo Sacherer, LL.M.


Am 12.10.2023 wurde eine umfassende Gesetzesnovelle zur Umsetzung der sog „Work-Life-Balance-Richtlinie“ der EU (RL 2019/1158) kundgemacht. Die wichtigsten Änderungen im Bereich der Elternkarenz und Elternteilzeit haben wir im Folgenden zusammengefasst. Über die ebenfalls erfolgten Änderungen bei der Pflegefreistellung werden wir noch mit gesondertem Newsletter informieren.

1. Änderungen der Elternkarenz


1.1.
Mütter und Väter haben in Zukunft (ab 1.11.2023) nur mehr dann (wie bisher) Anspruch auf Karenz bis zum Ablauf des 24. Lebensmonats des Kindes, wenn beide Elternteile Karenz in Anspruch nehmen (§§ 15 MSchG bzw § 2 VKG). Jeder Elternteil muss sein Dienstverhältnis hierfür mindestens für 2 Monate karenzieren. Geht nur einer der Elternteile in Karenz, kann diese maximal bis zum Ende des 22. Lebensmonats des Kindes andauern. Eine Ausnahme hiervon besteht für Alleinerziehende und für Elternteile, deren Partner keinen Anspruch auf Karenz haben. In diesen Fällen steht weiterhin Karenz bis zum Ablauf des 24 Lebensmonats des Kindes zu. 

1.2. Hinsichtlich der aufgeschobenen Karenz (§ 15b MSchG bzw § 4 VKG) gibt es folgende Änderungen: Lehnt der Arbeitgeber die Vereinbarung des Aufschubs der Karenz oder den vom Arbeitnehmer gewünschten Zeitpunkt des späteren Antritts der aufgeschobenen Karenz ab, so muss er dies schriftlich begründen. Weiters verbietet ein eigener Motivkündigungsschutz die Kündigung von Arbeitnehmern aufgrund der beabsichtigten oder tatsächlichen Inanspruchnahme der aufgeschobenen Karenz. Der Arbeitnehmer kann innerhalb von 5 Tagen nach Ausspruch der Kündigung vom Arbeitgeber eine schriftliche Begründung der Kündigung verlangen. Der Arbeitgeber hat diese dann binnen 5 Tagen auszustellen

Unterlässt der Arbeitgeber die schriftliche Begründung, sind allerdings keine Sanktionen vorgesehen. Arbeitgeber sollten einem Antrag auf schriftliche Begründung der Kündigung aber grundsätzlich dennoch nachkommen. Die Begründung sollte dabei gut überlegt sein, damit diese dem Arbeitgeber in einem allfälligen späteren Rechtsstreit nicht zum Nachteil gereicht. Zu empfehlen sind kurze, prägnante Begründungen, die man im Rahmen eines Gerichtsverfahrens noch ausbauen kann..

2. Änderungen der Elternteilzeit


2.1. Die Regelungen beim Anspruch auf Elternteilzeit werden (noch) komplizierter (§ 15h MSchG bzw § 8 VKG). Bei Vorliegen aller Voraussetzungen kann Elternteilzeit künftig bis zum Ablauf des 8. Lebensjahres des Kindes in Anspruch genommen werden. Dies allerdings nur im Ausmaß von höchstens 7 Jahren, wobei von diesem Höchstausmaß die tatsächliche Dauer des Beschäftigungsverbotes nach der Geburt sowie die Dauer der von beiden Eltern in Anspruch genommenen Elternkarenz abzuziehen sind. Zu dem so errechneten Höchstausmaß ist wiederum die Zeit zwischen Vollendung des 7. Lebensjahres und eines allfälligen späteren Schuleintritts des Kindes hinzuzurechnen. Wurde Karenz daher zB in Anschluss an das Beschäftigungsverbot bis zum Ende des 24. Lebensmonats (2. Geburtstag) des Kindes in Anspruch genommen, so verbleiben noch 5 Jahre mögliche Elternteilzeit. Diese 5 Jahre können bis zum 8. Geburtstag des Kindes in Anspruch genommen werden. Wird das Kind zB erst mit 7,5 Jahren eingeschult, verlängert sich das maximale Ausmaß der Elternteilzeit wiederum um 0,5 Jahre. 

Da die Elternteilzeit in der Praxis meist direkt in Anschluss an eine Karenz genutzt wird, wird die neue Regelung in vielen Fällen darauf hinauslaufen, dass die Elternteilzeit (wie bisher) nur bis zum 7. Geburtstag des Kindes (oder eines späteren Schuleintritts des Kindes) in Anspruch genommen wird. Eine Ausschöpfung der neuen gesetzlichen Möglichkeit bis zum 8. Geburtstag des Kindes ist aber in jenen Fällen denkbar, in denen zwischen Karenz und Elternteilzeit ein Zeitraum fällt, der nicht auf die Höchstdauer der Elternteilzeit anzurechnen ist. Dies wäre zB dann der Fall, wenn ein Arbeitnehmer nach der Karenz in Vollzeit arbeitet und erst danach Elternteilzeit in Anspruch nimmt oder wenn der Arbeitnehmer zwischen Karenz und Elternteilzeit für ein Jahr in Bildungskarenz geht.

2.2. Auch die Regelungen über die vereinbarte Elternteilzeit (§ 15i MSchG bzw § 8a VKG) wurden geändert. Vereinbarte Elternteilzeit ist nach der Neuregelung nunmehr ebenfalls bis zum Ablauf des 8. Lebensjahres des Kindes möglich (bisher bis zum 4. Lebensjahr), wobei hier innerhalb dieses Zeitraumes aber keine Höchstdauer vorgesehen ist. 

Vereinbarte Elternteilzeit ist dabei nicht nur dann möglich, wenn der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Elternteilzeit hat (zB wenn die dreijährige Mindestbeschäftigungsdauer unterschritten wird oder nicht mindestens 20 Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt sind), sondern auch dann, wenn der Anspruch auf Elternteilzeit bereits ausgeschöpft ist (siehe Pkt 2.1.). 

2.3. Lehnt der Arbeitgeber den Abschluss einer vereinbarten Elternteilzeit ab, muss er dies in Zukunft schriftlich begründen. Es ist hierbei zu beachten, dass die vereinbarte Elternteilzeit vom Arbeitnehmer mittels Klage durchgesetzt werden kann, wenn der Arbeitgeber keine berücksichtigungswürdigen sachlichen Gründe für seine Ablehnung nachweisen kann (§ 15k MSchG bzw § 8d VKG). 

Da die vereinbarte Elternteilzeit bisher nur bis zum Ende des 4. Lebensjahres möglich war, ergibt sich aus dieser Regelung eine durchaus bedeutsame Verlängerung der Möglichkeit der Inanspruchnahme der Elternteilzeit bis zum 8. Lebensjahr des Kindes, die praktisch auch gegen den Willen des Arbeitgebers durchgesetzt werden kann. 

2.4. Der besondere Kündigungs- und Entlassungsschutz bei Inanspruchnahme von Elternteilzeit dauert weiterhin nur bis 4 Wochen nach dem Ablauf des 4. Lebensjahres des Kindes. Nach diesem Zeitpunkt besteht weiterhin ein Motivkündigungsschutz des Arbeitnehmers. Auch in diesem Zusammenhang kann der Arbeitnehmer nunmehr nach der Neuregelung innerhalb von 5 Tagen ab Ausspruch der Kündigung eine schriftliche Begründung der Kündigung verlangen, die der Arbeitgeber binnen 5 Kalendertagen auszustellen hat (§ 15n Abs 2 MSchG, § 8f Abs 2 VKG). 


3. Ab wann gelten die Neuregelungen?


Die neuen Bestimmungen zur Elternkarenz gelten für Geburten ab dem 1.11.2023. Die Änderungen bei der Elternteilzeit kommen für Eltern zur Anwendung, die die Absicht der Elternteilzeit ihrem Arbeitgeber ab dem 1.11.2023 bekannt geben.


20. Oktober 2022



Mag.a Judith Morgenstern 

Selbständige Rechtsanwältin und Gründungspartnerin der Arbeitsrechtsboutique MOSA Rechtsanwälte in Wien; zahlreiche Fachpublikation; Trainerin für Arbeitsrecht.

Mag. Dr. Remo Sacherer, LL.M.

Rechtsanwalt und Gründungspartner der Arbeitsrechtsboutique MOSA Rechtsanwälte in Wien; Lektor für Arbeitsrecht an der WU Wien; Vortragender sowie Trainer für Arbeitsrecht ua beim WIFI Wien; zahlreiche Fachpublikationen.




Judith Morgenstern und Remo Sacherer

 © MOSA

 

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