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Zankl.update im Mai 2023
Diese Ausgabe behandelt die neueste Judikatur des OGH zu den Themen:
- Testament darf „mit dem Mund“ unterfertigt werden
- Strenge Interessensabwägung bei der gerichtlichen Zustimmung zu der Corona-Schutzimpfung
- Verkehrssicherungspflicht bei Stefani-Ball
- Teilweise Unbenutzbarkeit von Geschäftsräumen wegen COVID-19
Darüber hinaus werden Änderungen der Kreditinstitute-ImmobilienfinanzierungsmaßnahmenVerordnung (KIM-VO), des Hypothekar- und Immobilienkreditgesetzes (HIKrG) sowie des Fundrechts (ABGB) erläutert.
Testament darf „mit dem Mund“ unterfertigt werden
Der Oberste Gerichtshof verneinte das Aufzeigen einer erheblichen Rechtsfrage durch die Rechtsmittelwerberin. Er führte seine Meinung einerseitszu dem maschinschriftlichen Hinweis auf die Zeuginneneigenschaft, andererseits zu dem Schriftzug des Erblassers aus. Bei einem notariellen Testament in Form eines Notariatsakts kommt die Bestimmung des § 579 ABGB nicht zur Anwendung, sodass die Zeuginnen auch keinen eigenhändig geschriebenen Zusatz vornehmen mussten, der auf ihre Zeuginneneigenschaft hinweist (§ 579 Abs 2 ABGB). In Bezug auf den Schriftzug des Erblassers erklärte der OGH im Einklang mit den Vorinstanzen, dass mangels einer entgegenstehenden Vorschrift die Unterschrift auch so geleistet werden kann, dass das Schreibgerät mit dem Mund oder auch mit den Zehen gehalten wird, zumal keine Zweifel an der Identität des Erblassers bestehen. Somit qualifizierten die Gerichte den Schriftzug als Unterschrift. Selbst wenn man den Erblasser wegen seiner körperlichen Behinderung als des Schreibens nicht fähig ansieht, würde sein Schriftzug zudem die Voraussetzungen eines Handzeichens erfüllen: Ungeachtet des Ausdrucks „Handzeichen“ in § 580 Abs 1 ABGB kommt es nach dessen Zweck nicht darauf an, dass der Erblasser mit der Hand agiert, sondern darauf, dass er seinen letzten Willen nach außen sinnfällig so bestätigt, dass er auf der die letztwillige Verfügung enthaltenden Urkunde seinen Niederschlag findet. Dafür ist es unerheblich, mit welchem Körperteil der Erblasser das Schreibgerät führt. Das notarielle Testament ist somit gültig (2 Ob 35/23w).
Strenge Interessensabwägung bei gerichtlicher Zustimmung zu der Corona-Schutzimpfung
Verkehrssicherungspflicht bei Stefani-Ball
Der Oberste Gerichtshof sprach dem Ingerenzprinzip entsprechend aus, dass die Verkehrssicherungspflichten dann bestehen, wenn jemand eine Gefahrenquelle schafft. Auch wer eine Gefahrenquelle bestehen lässt, obwohl er sie erkennen kann oder bei gehöriger Sorgfalt erkennen könnte, muss die notwendigen und ihm zumutbaren Vorkehrungen treffen, um eine Schädigung anderer nach Tunlichkeit abzuwenden. Entscheidend ist das Kriterium der Gefahrenbeherrschung, wer daher die Gefahr hätte abwenden können. Die Verantwortlichkeit für die schadhafte Stiege sei danach in diesem Fall der Beklagten zuzuordnen. Jeden, der eine seiner Verfügung unterliegende Anlage dem Zutritt eines Personenkreises eröffnet, trifft eine Verkehrssicherungspflicht. Er muss die Anlage für die befugten Benützer in einem verkehrssicheren und gefahrlosen Zustand erhalten und vor erkennbaren Gefahren schützen. Auch sei die Beurteilung des Berufungsgerichts, nach der durch die vereinbarte Ballveranstaltung keine Übertragung sämtlicher Verkehrssicherungsmaßnahmen betreffend das Gebäude von der Beklagten auf die Freiwillige Feuerwehr erfolgte, nicht korrekturbedürftig. Die relevanten Bestimmungen betrafen nur den „geordneten Ablauf“ und „Sicherungsmaßnahmen“ wie den Ordnungsdienst und das Freihalten der Fluchtwege, nicht jedoch allfällige Gebäudeschäden (3 Ob 218/22p).
Teilweise Unbenutzbarkeit von Geschäftsräumen wegen COVID-19
Der Oberste Gerichtshof bestätigte die zweitinstanzliche Entscheidung und führte die Notwendigkeit der Bewertung unterschiedlicher behördlicher Maßnahmen genauer aus. Dass Zutrittsbeschränkungen und im Mietobjekt einzuhaltende Abstandsregelungen grundsätzlich derselben Beurteilung wie gänzlichen Schließungen unterzogen werden, sei insoweit zutreffend, als es sich dabei nur um graduell unterschiedliche Benützungshindernisse handelt. Diese seien unmittelbare Folge der pandemiebedingt erlassenen, auf Geschäftslokale bezogenen behördlichen Maßnahmen. Es muss nun geklärt werden, ob und wenn ja, welchen Einfluss die behördlich verfügte Begrenzung der Kundenzahl samt Abstandsregeln auf die Brauchbarkeit des Bestandsobjekts hatte. Eine allenfalls relevante Gebrauchsminderung wäre unter Umständen durch freie richterliche Schadensschätzung zu ermitteln. Anders zu bewerten sind laut OGH aber geringwertige, die Gebrauchstauglichkeit des Mietobjekts nicht beeinträchtigende und die Allgemeinheit treffende staatliche Eingriffe wie die Maskenpflicht, weil damit nicht direkt auf die Möglichkeit, das Geschäftslokal zu betreten, Einfluss genommen wird. Das maskenbedingte Unlustgefühl der Kunden ist deren individueller Sphäre zuzuordnen, welcher Umstand in das unternehmerische Risiko des Mieters der Geschäftsräumlichkeit fällt. Das Erstgericht wird daher einen allfälligen Einfluss der Kontaktbeschränkungen auf die Brauchbarkeit des Geschäftslokals zu klären haben. Dabei bedarf es zunächst eines ergänzenden Vorbringens der Beklagten, welche konkreten Auswirkungen die Begrenzung der Kundenanzahl und die einzuhaltenden Mindestabstände auf den Geschäftsbetrieb hatten, etwa ob es dadurch zu Wartezeiten im Eingangsbereich oder zu einem erschwerten bzw verzögerten Zutritt zu einzelnen Räumen des Geschäftslokals kam. Auf Basis der in diesem Sinn zu ergänzenden Feststellungen wird das Erstgericht gegebenenfalls eine angemessene Mietzinsminderung zu bemessen haben (4 Ob 221/22m).
Änderung der Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-VO)
Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz (HIKrG):
Fundrechtsnovelle 2023
ao. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Zankl
ist Universitätsprofessor am Institut für Zivilrecht der Universität Wien (www.zankl.at), Gründer und Direktor des weltweiten Netzwerks für IT-Recht (www.e-center.eu), Entwickler und Leiter der ersten juristischen Crowd-Intelligence-Plattform (www.checkmycase.com) und Foundation Member der Computer Ethics Society Hong Kong.
© Privat
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